#ich bleib daheim! Und das jetzt schon seit Wochen. Aber die Einzelhaft-Erfahrung teile ich ja mit ganz Italien und weiten Teilen der Welt. Menschen sehe ich nur noch in ihren kleinen Zoom-, Skype- oder Whatsapp-Fenstern sitzen, da aber täglich viele, viel mehr als sonst und alle fragen, wie´s ist, was ich so mache und ob ich mich schön entspanne in der Quarantäne. Schon morgens geht´s los, Nachrichten checken, Sich-Wundern über Promis im Netz, die dir erzählen, wie schön es Daheim ist, wie sie endlich zu sich finden und all das machen, was sie schon immer mal machen wollten, dann die ersten Anrufe, arbeiten über Zoom, dann Zoom-Aperitivo und wieder Nachrichten lesen, essen, schlafen und am nächsten Tag wieder von vorn.

Im Februar ging alles los, in Norditalien traten zum ersten Mal gehäuft Corona-Fälle auf, man war auf der Suche nach dem „Paziente 0“ und keiner wusste so recht, wo er sich versteckt hatte und wo er herkam. Irgendwelche Deutschland- und Europahasser waren sich in ihrer Facebook-Gruppe einig, dass er aus dem Norden, bzw. aus Deutschland kam und das Virus eingeschleppt hatte, andere wussten, dass die USA dahintersteckten und das Virus im Labor entwickelt hatten, um China und Europa zu schwächen. Die meisten aber hatten keine Ahnung, was da gerade passiert und was auf uns zukam.


Ich auch nicht, aber dann ging alles ganz schnell. Einzelne Orte im Norden wurden komplett abgeriegelt, die Fashion Week in Mailand fand ohne Publikum statt und manche haben ihre Schauen ganz abgesagt, da dachte ich noch „die spinnen, die Italiener“, alles wegen einer „Grippe“ und viele dachten das. Trotzdem konnte man zuschauen, wie die Stadt täglich leerer wurde und Touristen das Land verließen, man musste schon manchmal an diese Seuchenliteratur wie „Tod in Venedig“ denken, aber auf der anderen Seite konnte man einmal über den Ponte Vecchio spazieren, ohne Angst zu haben, von den Massen niedergetrampelt zu werden oder man konnte am Wochenende ohne Reservierung in Restaurants auftauchen – normalerweise unvorstellbar.

Die Fallzahlen aber stiegen weiter und ein mulmiges Gefühl mischte sich langsam unter dieses „Ist nur eine Grippe“. Eine Woche später hieß es schon „Zu Hause Bleiben“, also jeder in seiner Gemeinde und als das durchgesickert ist, flüchteten in einer Nacht- und Nebelaktion massenhaft Leute aus dem Norden Richtung „Casa“, also zu ihren Familien nach Süditalien, potentiell mit dem Virus im Gepäck.

Dann wurden Schulen und Unis geschlossen, Veranstaltungen abgesagt, Flüge gestrichen, Geschäfte, Restaurants, Bars und Cafés geschlossen, zuerst nach 18 Uhr, danach ganz. Dazu kamen die verstörenden Bilder aus Bergamo und von anderen Orten, wo völlig überforderte Ärzte und Pflegepersonal bis zur Erschöpfung im Einsatz waren/sind und auf einmal war (fast) allen klar: das ist wirklich schlimm und wird sich ausweiten.

Um dem entgegenzuwirken, gab es – gefühlt – täglich ein neues Dekret, aber am Anfang wurde noch jeden Abend um 18 Uhr von den Balkonen gesungen, man durfte noch spazieren gehen oder joggen – und die Parks waren an den Wochenenden gut gefüllt, es wurde gejoggt was das Zeug hält und man hatte das Gefühl, immer wieder den gleichen Hund samt Herrchen um die Ecke biegen zu sehen. Reaktion: Parks zu! Jogger wurden angefeindet und als Schwitzer, Spucker und dadurch mögliche Gefahrenquelle identifiziert und jetzt ist eigentlich fast alles verboten. Der Radius der Bewegungsfreiheit beträgt genau 200m, also #wirbleibenzuhause…. wirklich!